Das Leben als Wasserkocher

Hier erzähle ich meine Geschichte. Ich bin ein einfacher Wasserkocher. Jahre lang habe ich treu meine Dienste geleistet. Das was ich konnte, Wasser erhitzen und zum kochen bringen. Das Wasser wurde zum Spülen, Tee aufgießen, zum Nudeln kochen und noch vieles andere benutzt. Ich war immer zuverlässig im Einsatz. Sobald der Schalter runter gedrückt wurde, habe ich direkt das eingefüllte Wasser zum Kochen erhitzt und mich dann von selber ausgestellt. Meine Aufgabe habe ich Tag für Tag, Monat für Monat und Jahr für Jahr gemacht. Die einzige Zuwendung die ich bekam, war eine Reinigung von innen und außen, in unregelmäßigen Abständen, meistens wenn es dringend nötig war.

Eines Tages geschah es. Ich schwächelte, mein Schalter brach halb ab. Ich war ja bereit weiter meine Aufgabe zu erfüllen, aber der halb abgebrochene Schalter hinderte mich daran. Meine Besitzerin kam auf die Idee den Schalter mit einer Spülbürste zu beschweren. Die Spülbürste hielt den Schalter unten und ich konnte weiter das Wasser erhitzen. Brodelte das Wasser warf ich die Spülbürste vom Schalter und stellte meine Arbeit ein. 

Eines Freitags geschah es. Ich wurde in eine Tasche gesteckt und fort getragen. Ich dachte schon, das war es, jetzt schmeißt mich meine Besitzerin in den Müll. 

Aber oh Glück, es geschah ganz anders. Folgendes passierte:

Ich wurde aus der Tasche geholt und drei oder waren es vier Männer standen um mich drum. Sie drehten und wendeten mich, dann öffneten sie mich vorsichtig. An den abgebrochenen Schalter brachte ein Mann Kleber an und hielt mich dann liebevoll einige Zeit in den Händen. Danach legt er mich auf einen Tisch, so das ich mich beruhigen und verarbeiten konnte was geschah. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde ich wieder zusammengeschraubt und ich konnte wieder normal meinen Dienst machen. Meine Besitzerin steckte mich wieder in die Stofftasche und brachte mich zum alten Standort zurück. 

Jetzt stand ich da, das liebevolle Kümmern war vorbei. Ich war sehr traurig und mein Schalter brach vor Kummer wieder halb ab. Die Besitzerin legte wieder die Spülbürste auf meinen Schalter. Das war mir so unangenehm, da die Bürste sehr kratzig war, im Gegensatz zu den weichen, einfühlsamen Männerhänden. Was tun? In der Not fiel mir nur eins ein. Den Schalter ganz ab machen. 

Bin gespannt, was jetzt geschieht…...

Meine Besitzerin hat wohl dank der Reparatur meinen inneren Mechanismus gesehen und verstanden. Jetzt betätigt sie den Schalter einfühlsam und liebevoll mit einem Eislöffel. Bei so viel Einfühlungsvermögen erledigt ich gerne zuverlässig meine Aufgabe: Wasser erhitzen. 

So alt und gebrechlich bin ich wohl nicht, dass ich zu den vielen anderen Geräten auf den Müll gehöre. Ich habe eine zweite Chance bekommen.

Bin ich froh, dass es das Repair Café mit den fachkundigen Frauen und Männern gibt.

Danke!

Eine Geschichte von Ellen Nellessen

Kann das Repair Café auch dabei helfen?

 

Die vergessene Weste

Ich bin eine graue Weste, hänge im Kleiderschrank und werde von meiner Besitzerin mal hierhin und mal dahin gehängt. Ab und zu holt sie mich aus dem Schrank und zieht mich an. Ich denke: Endlich aus dem engen Kleiderschrank und ich bekomme etwas anderes zu sehen. Die Freude dauert nicht lang, gefühlt eine Millisekunde und ich hänge wieder an meinem alten Platz.

Es war wieder so weit, ich wurde aus dem Schrank genommen, aber nicht angezogen, sondern in eine Stofftasche gesteckt. Das war es wohl. Ich hatte davon gehört, dass Kleidung die nicht getragen wird, in den Reißwolf kommt und zerschreddert wird.

Nach einem kurzen Spaziergang wurde ich aus der Tasche geholt und von meiner Besitzerin angezogen. Was jetzt geschah war für mich unglaublich. Eine Frau, dann auch eine zweite und dritte lobten mich in höchsten Tönen, das ist ein guter Stoff, die Weste sieht gut aus.

Meine Besitzerin erklärte, dass sie mich langweilig findet und das sie findet, dass ich ihr hinten nicht passe. Sofort hatten die Frauen verschiedene Ideen um mich aufzupeppen. Ich sah, wie ich mich veränderte, als ein farbiges Band an meine Kante gehalten wurde, danach wurde ein farbiger Schal locker unter meinen Kragen gelegt. Ich hörte den Vorschlag, eine große Brosche an mir zu befestigen oder eine Schließe angeklipst ,würde wieder ein anderes Bild geben.

Die Näherin schlug vor, hinten zwei Abnäher zu nähen, dann würde sich der Fall der Weste verändern. Ein bisschen pikste es, als die Frau die Abnäher absteckte. Als meine Besitzerin mich anzog und ihre Freude über meinen Fall hinten ausdrückte, hatte ich die Pieckser sofort vergessen. Ruck zuck , ich hatte gar keine Zeit mir eine Vermeidungsstrategie zu überlegen, waren die Abnäher von der Frau mit der Nähmaschine gemacht.

Ich wurde von meiner Besitzerin wieder nach Hause getragen und auf einen Kleiderbügel gehängt. Sie schaute mich an und hatte im Gesicht einen Ausdruck von Freude und Rührung. Leise hörte ich sie sagen:“Ich hätte nie gedacht, dass mit so viel Freude, Interesse und Hingabe so viele Frauen sich um mich und meine vergessene Weste kümmern und mir so viele Vorschläge machen. Ich werde diese ausprobieren und bestimmt ist vieles dabei, was mir gefällt. Ich glaube die vergessene Weste wird meine Lieblingsweste.“

Ich als Weste kann nur sagen:“Dank der hilfsbereiten, ehrenamtlichen Mitarbeiter des Repair Cafés stand ich als Weste im Mittelpunkt.  Das kann

man nicht bezahlen, aber………... mit einer Spende danke sagen. “

Repair Café heißt nicht nur reparieren, sondern auch, dass vielleicht nicht beachtete Gegenstände durch kleine Veränderungen wieder gerne  gebraucht werden.

Eine weitere Geschichte von Ellen Nellessen